Beschreibung
Das französische Trio MARVIN spielt noisigen Rock mit ordentlicher Math-Kante, welcher mit seiner rumpeligen Wuchtigkeit in manchen Momenten an ein anderes „Minimalist Rock Trio“ erinnernt, nämlich die vielzitierte, nordamerikanische Formation SHELLAC. Mehr als diese schielen die Südfranzosen auf ihrem zweiten Album „Hangover The Top“ aber in Richtung Prog, binden weitschweifend flatternde Parts in ihre Songs, extendieren, statt zu minimalisieren und füllen durch differierende Instrumentierung zudem einen anderen Klangraum. Messerscharfe, abgedrehte Moog-Synthies schneiden sich förmlich durch einen bizarren Hindernisparcour aus wilden Gitarren-Riffs und energetischen Rhythmus-Figuren. Die Band schafft eine funktionierende Verbindung von ansteckenden, tanzbaren Beats und zügelloser Kakophonie zu generieren. Die neun Songs offenbaren charakteristische Verdrehungen und Wendungen, klingen rau und leidenschaftlich, sind vielseitig, aber als Gesamtes homogen. So gesellen sich zur den Sound bestimmenden unterschwelligen Allgegenwärtigkeit von SHELLAC auch Klänge wie in „Dirty tapping“, welche mich an eine wildere und noisigere Variante von THE FAINT denken lassen, oder Stücke wie das Brian Eno Cover „Here come the warm jets“, welches mit wilden Feedback-Orgien und ungerichtetem Rauschen einereits, aber auch mit euphorisch-hymnischen Chorussen andererseits sowohl mit experimentellem als auch mit traditionellem aufwartet. Insgesamt macht es einfach Freude die Spiellust und technischen Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder zu genießen. Auch wenn mit „Hangover The Top“ nicht der ganz große Wurf gelungen ist, so halten MARVIN zumindest durchgehend ein erhöhtes Niveau und damit einhergehend auch das Interesse des Zuhörers aufrecht. (Rote Raupe)