Description
„Joy!“ knüpft genau dort an. Die beiden schreiben fantastische Songs, teilweise ganz wortwörtlich über Nacht, an denen andere monatelang feilen müssten. Sie sind virtuose Musiker und clevere Produzenten ihrer selbst, aber sie bleiben dabei stets sachlich, fast nüchtern. Eine Doktrin, die wohl einerseits auf ihre Helden zurückgeht – Leute wie J.J. Cale oder der auf dem Album zitierte, jüngst verstorbene Don Williams, vor allem aber John Prine, der – genau wie Sänger Kenny Miles – vor seiner Musikkarriere als Postbote im ländlichen Kentucky unterwegs war. Andererseits liegt jene höfliche Dezenz ganz sicher auch in ihrer Erziehung begründet. Die beiden sind in einer ebenso gläubigen wie Familie aufgewachsen. Ihr Vater hat einst in ihrer Heimatstadt eine Kirche gegründet in der die beiden Brüder – damals gerade acht und 13 Jahre alt – ihn regelmäßig bei Gottesdiensten an Schlagzeug und Bass begleiten. Nichtsdestotrotz erweitert das neue Album ihre Farbpalette um ein gutes Stück. Der Opener „On My Throne“ rollt überraschend bluesig und bitter politsch aus Lautsprechern (“I’m better off than I deserve | I’m full of war but I never had to serve”) und auch das treibende, textlich so schön verrätselte „White Rose“ hat man so nicht kommen sehen. „Mit „Toyman“ findet sich ein erstes Instrumentalstück, das das Album in zwei Hälften unterteilt. Zudem ist „Joy!“ so etwas wie ein transkontinentales Bandalbum. Die einzigen Musiker neben den beiden Brüdern sind Multi-Instrumentalist Ludwig Bauer und der Gitarrist Johannes Till, die auf den Touren zu „Mexico“ unter anderem auf dem Orange Blossom Festival ihre Backing Band bildeten und in Dresden zu einigen der neuen Songs Aufnahmen machten. „Joy!“, so erklärt Kenny Miles, sei auch das erste Album der Brüder, das entstand während sie an unterschiedlichen Orten lebten (Whitesburg, KY und Nashville, TN) und doch gleichzeitig ihr kollaborativstes. Nie zuvor hätten sie beim Songwriting stärker die Ideen des anderen weitergesponnen. Vor allem aber steuert Hayden Miles, eigentlich Schlagzeuger in der Band, zwei eigene Songs bei, die das Alternative Country-Terrain gleich gänzlich verlassen. Fragile, leise Indiepop-Songs wie ein tastendes Ausloten ungeahnter Möglichkeiten. „Don Williams“ beschreibt sein Stöbern in unbeschrifteten Kassetten aus dem Nachlass ihres früh verstorbenen „papaws“ Wayne (der Bandname setzt sich übrigens aus den Vornamen beider Großväter zusammen). Darauf zu hören waren Predigten, die Stimmen von Freunden und Verwandten und auf circa jeder dritten Kassette: der namensgebende Country-Songwriter. „Here“ ist wie ein Spaziergang durch eine postapokalyptisch anmutende amerikanische Kleinstadt, in der sich keine Spuren mehr von dem vielen Geld finden lassen, was dort noch vor nicht allzu langer Zeit mit dem Kohleabbau verdient wurde. Zivilisationsschrott, der in den Vorgärten herumliegt, Leere und Landflucht. “At the foot of a small town’s mountain |resting high above their eager eyes | black from the money that they’ve earned here | seeing no return while they get high” Fragt man Sänger Kenny nach ihrer Herangehensweise an das neue Album bekommt man eine Antwort, die den Songs darauf nicht unähnlich ist – Understatement und doch nie ohne Poesie.
Tracks
01. On My Throne
02. White Rose
03. Joy!
04. Bloody Montana
05. Here
06. Toyman
07. My Tomb
08. Two Blade Razor
09. Don Williams
10. Wishbone
11. Venetian Blinds